Christian Bernhardt schreibt Prosatexte; und auch diesen Paratext.
about meine walderde
heute bin ich in einen alten wald gefahren, weil ich die schwarze walderde riechen wollte. weil ich wusste, ich konnte nicht länger warten, ich musste sie heute noch riechen. mit dem regionalzug aus der stadt und dann mit dem mitgenommenen rad auf den waldwegen fuhr ich immer tiefer in diesen wald, wobei, so groß ist er gar nicht. ich hatte eine feste braune papiertüte mitgenommen, denn ich wollte aus dem waldboden, von dieser lebendigen schwarzen erde, einige hände voll dem wald wegnehmen, diese lebendige erde in die tüte füllen und sie mitnehmen, um später wieder an dieser noch frischen und noch lebendigen erde zu riechen, mich danach zu meinem weißen tisch zu drehen, um dann zu beschreiben, dahinzuschreiben, was ich da rieche, was aus der in meinen händen noch feuchten erde in meinen körper hineinströmt, was mein körper mir daraufhin mitteilt und welche gedanken und erinnerte erzählungen aus diesem geruch entstehen oder auch einfach plötzlich da sind oder auch nicht da sind. ich erwartete kein wunder von dieser aus seinem wald geraubten walderde, auch wenn sie selbst, dieser unglaubliche humus, scheinbar eine art erdwunder ist, dachte ich jetzt, jedenfalls komplex und gerade mal jetzt oder wieder verstanden. ich erwartete nicht, dass es von selbst passiert, aber es könnte passieren, dachte ich, und wenn nicht, ich kann auch ohne eine unmittelbare erscheinungen aus der walderde selbst ein wort- und satzmaterial aus dieser mitgenommenen walderde herausdenken. vielleicht würde ich vergleichen, erinnert mich an, und so weiter. trotzdem brauche ich für meinen beschreibungsversuch oder diese beschreibungsarbeit jetzt die lebendige walderde selbst, ohne sie geht es nicht. oder etwa doch? jedenfalls brauche ich diese beschreibung, ich brauche sie jetzt. und ich brauche jetzt den geruch der walderde, um daraus den text entstehen zu lassen, der den geruch beschreibt, den diese sanfte textfigur riecht. und mehr. ich nehme beide hände voll von schwarzer kühler und feuchter walderde und senke mein gesicht in diese erde um den pilzigen, erdigen erdgeruch zu riechen. oder wonach riecht also die walderde? dann schreibe ich auf, dass ich die erde rieche, dann schreibe ich auf, dass ich aufschreiben kann, dass ich die erde rieche, die feuchte erde.